Erziehung im 18. Jahrhundert: Emils Brief an die Zukunft (Laura)

15. März 1778, Weimar

Liebste Menschen der Zukunft,

mein Name ist Emil, ich bin 15 Jahre alt. Ich stamme aus einer gut bürgerlichen Familie und lebe, zusammen mit meinen Eltern und meiner Großmutter, in einem kleinen Häuschen in Weimar. Zudem besuche ich noch die Schule, jedoch sehr ungern.
Ich versuche dort nicht aufzufallen, denn sobald man was Falsches tut, drohen einem Strafen. Meine Großmutter meint immer, „ich solle nicht so zimperlich sein und einfach mal meinen, mir von Gott geschenkten, Mund auf machen“. Doch ich bin in mich gekehrt, diese Strafen, oder ja, ich würde schon sagen, diese Zucht, schüchtert mich von Tag zu Tag mehr ein. Geschlagen werden wir selten, doch erniedrigt jeden Tag.
Als ich einmal träumte und dem Unterricht nicht folgte, bekam ich als Strafe zwei Tage Schildwache. Ich musste also zwei komplette Tage in der Ecke des Klassenraumes stehen bleiben und trug dabei ein Schild um meinen Hals, auf dem meine „Straftat“ geschrieben stand. Ich saß (bzw. stand), wie jede andere Strafe auch, diese ab. Es gab selten Kinder, die dies nicht taten, weil jeder Angst hatte sonst noch härter bestraft zu werden. Meine Eltern empfanden dies als angemessen, meine Großmutter wie immer zu milde. Sie glaubt nichts außer eine Tracht Prügel würde gegen undiszipliniertes Verhalten helfen. Zu meinem Vorteil ist die Maßnahme des Prügelns nicht mehr in jeder Situation angemessen. Ich weiß genau, sie würde mich schlagen, wenn ich meinen Mutwillen treibe. Meine Eltern dagegen würden mich nur schlagen, würde ich jemanden schlagen, dass ich selbst ein Gefühl dafür bekäme.
Bei den Strafen die ich bekomme geht es eher darum, mich vor möglichst vielen zu demütigen. Demütigung und Angst erfahre ich jeden Tag, so soll ich lernen, wie ich mich nach außen hin zu geben habe, sagte man mir. Ein gut erzogenes Kind zu haben kann einer Familie schließlich viel Ansehen bringen, was wiederum Geld und Geselligkeit bringt. Meine Mutter trifft sich jeden Dienstag mit ihren Freunden zur Tafel, wobei ich die Bedienung bin und mich stets höflich geben muss.
Mir schwirren manchmal die Gedanken auszubrechen, frei zu sein. Mich hält nur das wissen, dass für mich allein in dieser Gesellschaft zu leben, noch härtere Bedingungen bedeuten würden. Nach außen beliebt, schön und reich zu wirken bedeutet gleich ein gutes Leben zu führen. Ich wünsche mir nichts lieber als einfach die Welt zu entdecken und meinen eigenen Willen ausleben zu können.

Wie geht es euch in der Zukunft? Ich hoffe einiges hat sich geändert und ihr müsst euch nicht vor der Schule und/oder euren Eltern fürchten!

Lebt wohl.
Emil

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