Aufklärung als Männersache? - Zur Rolle der Frau (Roksana und Ahmed)


Die Aufklärung war eine Zeit des Aufbruchs und des Fortschritts und eine zentrale Idee dieser Zeit war die ‚Emanzipation‘[1]. Doch davon darf man sich nicht täuschen lassen, denn so ganz emanzipiert war die Aufklärung gar nicht. Für die Männer hat sich fast alles verändert, doch was war mit den Frauen? Mehr als jemals zuvor lasen Frauen und schrieben einander Briefe. Aber im öffentlichen Raum hatten sie noch lange nichts zu suchen. Und als Lessing sein aufklärerisches Theaterstück „Nathan der Weise“, 1779 veröffentlichte, war die letzte Hexenverbrennung in Deutschland noch keine fünf Jahre her.

Immanuel Kant, mit dem wir die Ideen von Aufklärung und Emanzipation verbinden, warnt davor, dass „tiefes Nachsinnen“ und „mühsames Lernen“ die „Reize“ der Frau einschränken könnten: Nachdenken könnte ja Falten machen! Die Wissenschaft war daher nichts für die Frauen, im 18. Jahrhundert herrschte ohnehin die Ansicht vor, dass Frauen überhaupt eher nur in Gefühlsangelegenheiten gut sind.
Statt der Wissenschaft, dem Geschäftsleben oder der Politik war der Lebensbereich der Frau in der Aufklärung daher das Zuhause: ihre Aufgaben waren, den Haushalt zu führen, die Kinder zu erziehen und dem Mann für seine wichtigen Aufgaben in der Welt den Rücken freizuhalten. Dem Ehemann gegenüber hatte die Frau gehorsam zu sein, denn er war das „Haupt“ der Familie, das für die Frau mitdachte und mitentschied. So wollte es, nach allgemeiner religiöser Auffassung, sogar der Gott selbst. Das ist, was der Schriftsteller Joachim Heinrich Campe seiner Tochter in einem Brief verrät, damit sie weiß, wo ihr Platz in der Welt ist. Auch im Theaterstück „Nathan der Weisekann man eine ähnliche Situation beobachten, da dort der Vater die Tochter genauso aufklärt. Nathans Tochter ist emotional und naiv. Sie glaubt, ein Engel hätte sie aus dem brennenden Haus gerettet. Ihr Vater, Nathan, muss sie auf liebevolle Art und Weise zur Vernunft bringen, da sie (als Frau) diese nicht besitzt. Es ist der Mann, der der Frau den richtigen Weg zeigen muss: Väter ihren Töchtern und Ehemänner ihren Ehefrauen.
Während es in der Aufklärung einzelne Männer gab, die auf der Seite der Frauen waren, gab es auch Frauen, die diese Aufteilung der Geschlechterrollen gut fanden, zum Beispiel Isabella von Wallenrodt, die schreibt, dass sie weibliche Männer genauso verachte wie Frauen, die Männer beherrschen wollen.
Die Aufklärung hat unsere Welt verändert: Wir leben in keinen absolutistisch regierten Kleinstaaten mehr und Vernunft ist für uns wichtiger als die Religion. Und während die Emanzipation im 18. Jahrhundert nur für die Männer galt, sind mittlerweile auch die Frauen emanzipiert: Frauen gehen heute Berufen nach und machen Karriere. Männer gehen (manchmal) in Elternzeit und hüten den Nachwuchs. Und in UNO-Konferenzen[2] lassen sich die mächtigsten Männer der Welt von einem 15-jährigen Mädchen erklären, wie man die Klimakatastrophe verhindert.
Aber auch davon darf man sich nicht täuschen lassen. Der Gender Pay Gap, der angibt, um wie viel weniger Frauen als Männer verdienen, liegt in Deutschland bei 21,6%. Das liegt daran, dass Frauen oft eine geringere Bildung haben, in schlechter bezahlten Berufen beschäftigt sind und öfter in Teilzeit arbeiten. Weil Karriere oft immer noch Männersache ist und Kinder immer noch Frauensache! Die Werbung zeigt uns immer noch schöne Frauen, die sich über Haushaltsprodukte freuen.
Es ist immer leichter, die Probleme eines vergangenen Jahrhunderts zu kritisieren. Viel schwieriger ist es, die Ungerechtigkeiten unserer Gegenwart zu erkennen. So fortschrittlich, wie wir gerne wären, sind wir vielleicht doch gar nicht.

Quellen:
      [Sommers Weltliteratur to go: Nathan der Weise to go (Lessing in 8,5 Minuten) (veröffentlicht 20.04.2017), https://www.youtube.com/watch?v=60kNNVHeYTU: letzter Aufruf 25.01.2020]

      [k.A: Nathan der Weise (veröffentlicht am 25.01.2010), https://www.inhaltsangabe.de/lessing/nathan-der-weise/: Stand 27.01.2020; letzter Aufruf 29.01.2020]

      [Andrej Reisin: Wie hoch ist der Gender Pay Gap wirklich?, https://www.tagesschau.de/faktenfinder/inland/genderpaygap-103.html: Stand 18.03.2019; letzter Aufruf 29.01.2020]




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[1]Befreiung aus einem Zustand der Abhängigkeit; Selbstständigkeit
[2]United Nations Organization Konferenzen, die dazu dienen relevante politische Themen zu diskutieren

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