Zwei linguistische Lager

(von Jeen und Elias, LK Wengler)


Können Sie sich vorstellen, dass sich seit Hunderten von Jahren zwei Gruppierungen über das Thema streiten, wie Sprache und Denken zusammenhängen? Höchstwahrscheinlich nicht, oder? Doch genau dies trifft zu. Die Meinungen der linguistischen Relativisten und Universalisten könnten unterschiedlicher nicht sein.
Da gibt es einerseits die Universalisten, die die Aussage unterstützen, dass jeder Mensch von Geburt an die gleichen Sprach- und Grammatikfähigkeiten hat, wodurch wir alle die Welt durch dieselbe Brille sehen. Andererseits gibt es die Relativisten, die der festen Meinung sind, dass das Sprechen einer Person in der erworbenen Muttersprache automatisch dessen Gedanken und das Denken der jeweiligen Person beeinflusst. Diese Sichtweise wurde durch die Sapir-Whorf-Theorie bestärkt, nach der zum Beispiel die Inuit dadurch, dass sie mehr Wörter für Schnee in ihrem Vokabular haben als die Europäer, auch eine andere Sichtweise auf das Phänomen haben.
Doch in diesem Beitrag fokussieren wir uns auf die Thematik der Geruchsbezeichungen, da es hierzu eine äußerst interessante Untersuchung gibt zu den Jahais. Die Jahais sind ein friedliches Volk, bestehend aus mobilen Jägern und Sammlern, welches sich in den Regenwäldern und Bergen Malaysias niedergelassen hat. Das Interessante ist, dass die Jahai Begriffe für Gerüche haben, die in Europa mit Farbbezeichungen vergleichbar wären. Es lässt sich die Frage stellen, inwiefern die Positionen des Relativismus und des Universalismus beispielsweise angesichts solcher jüngeren Erkenntnisse der empirischen Sprachforschung noch tragfähig sind.
Eine der wichtigsten Forschungen ist die von Asifa Majid zur Sprache der Jahai, dargestellt etwa in der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft von Widlok und Burenhult. Die mobilen Jäger und Sammler im Regenwald der Berge Malaysias kennen eine große Zahl von Geruchsbezeichnungen. Sie haben zum Beispiel abstrakte Begriffe für die unterschiedlichsten Gerüche. Doch diese Wörter haben keine Wertungen wie im Deutschen und Englischen z.B. ,,stinkend“ oder ,,süß“. Außerdem gibt es bei den Jahai auch kein Umschreiben von Gerüchen, beispielsweise ,,X stinkt wie alter Käse“, sondern nur klare Geruchsbezeichnungen, wie wir sie von Farben kennen: grün, blau, rot… Dies ist auch einer der Gründe, warum sie dieselben Begriffe für selbe Geruchsqualitäten haben, beispielsweise abgestandenes Essen, Pilze oder Schuhcreme. Diese Fähigkeit zur Kategorisierung von Gerüchen ist ein äußerst starker Schutz für die Jahai, da sie sich durch bestimmte Geruchsbezeichnungen und die damit offenbar verbundenen sensiblen Wahrnehmungen auch vor Vergiftungen schützen können. Wie man schon merkt, haben sie eine ganz eigene und andere Art, Gerüche zu bezeichnen und zu dokumentieren. Wir dagegen haben diese ausdifferenzierten Bezeichnungen und damit verbundenen Wahrnehmungsfähigkeiten zum Beispiel bei Farben und dies unterscheidet das Jahai Volk von uns. In unserer Kultur machen wir es uns schwer, Gerüche zu katalogisieren, das Jahai Volk dagegen schenkt den Gerüchen viel Aufmerksamkeit.
Was bedeuten diese Erkenntnisse nun für die Bewertung der Positionen der Relativisten und Universalisten? Die Universalisten müssten der Meinung sein, dass Mitglieder der Jahai Gerüche genauso wahrnehmen wie wir und lediglich genauere und viel mehr Bezeichnungen dafür haben. Die Relativisten hingegen, würden wohl eher die Meinung vertreten, dass das Jahai-Volk dadurch, dass es ein größeres und konkreteres Vokabular für jegliche Geruchsbezeichnungen besitzt, somit Gerüche umfangreicher, intensiver und ausdifferenzierter wahrnimmt und einordnet. Grund dafür könnte sein, dass unsere zuständigen Hirnareale schlechter verknüpft sind als etwa diejenigen für Sprache und visuelle Reize. Das würde auch erklären, warum wir Farben nun einmal besser beschreiben können als Gerüche.
Unserer Meinung nach ist die Theorie der Relativisten angesichts dieser Erkenntnisse die überzeugendere. Dies hat den einfachen Grund, dass die These der Universalisten durch die offenbar auch umfangreicheren olfaktorischen Fähigkeiten der Mitglieder des Jahai-Volks widerlegt wird. Denn durch ihr ausgeprägtes Geruchsvokabular nehmen sie natürlich die Welt ganz anders wahr, da sie alle Gerüche intuitiv kategorisieren und sich so auch schützen oder manche Alltagssituationen vereinfachen.
Am Ende können wir euch noch das Buch „Das Parfum“ von Patrick Süßkind und dessen Verfilmung empfehlen, da es in diesem dramatischen jedoch zugleich auch fantasievollen Werk um ein „Riech-Genie“ namens Jean-Baptiste Grenouille geht. Die Geschichte spielt im 18. Jahrhundert in Frankreich.  Es wird in dem Roman spannend beschrieben, wie der Protagonist nur durch seinen ausgeprägten Geruchssinn und auf Gerüche bezogen überhaupt das Sprechen erlernt.

Kommentare

  1. Euer Blog ist sehr interessant und ich bin froh, dass Buschi seit seiner Facharbeit dazu gelernt hat.
    Außerdem kann man sehr auf die Kartoffelnase stolz sein, der Junge hat ein sehr kreatives Köpfchen.
    Bei euch merkt man, dass ihr gut zusammenarbeiten könnt. Bei euch gilt, Teamwork is Dreamwork.
    Euer Text enthält so ziemlich nur interessante Informationen und ist so geschrieben, dass man das Thema schnell und leicht versteht.

    Mega geil Alla

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  2. In eurem Blogartikel seid ihr sehr genau auf das Jahai-Volk eingegengen. Im ersten Moment wirkte das ein wenig am Thema vorbei geschrieben doch eigentlich waren die Jahais ein sehr gutes Beispiel.
    Ihr habt es geschafft den Text verständlich und interessant zu gestalten, vor allem auch für Leute die sich in dem Thema nicht auskennen. Außerdem fand ich den Buch-Tip am Ende eine super Idee!

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  3. Guten Tag.
    Nun, da ich diesen Blogartikel ein weiteres Mal lese und er mich ein weiteres Mal interessiert hat lesen lassen, bin ich der Ansicht diesen kommentieren zu müssen um zum einen ein großes Lob auszusprechen und zum anderen konstrukive Kritik mitzuteilen. Um chronologisch vorzugehen möchte ich mich zuerst der Einleitung witmen. Diese ist interessant gestaltet, vermitelt dem Leser alle wichtigen Informationen, ohne dabei zu viel vorwegzunehmen und erreicht, dass der Leser genügend Verständnis für die Behandlung der Frage, des Zusammenhanges von Geruchswahrnehmung bzw. - empfinden und Sprache im Hauptteil aufbaut. Kritisch sehe ich jedoch die Erwähnung kontextuel zu vernachlässigender Fakten, da diese meines Empfindens den Lesefluss des Lesers stören. Der Hauptteil ist ebenfalls sehr angenehm geschrieben. Auch wenn hier, genau wie in der Einleitung teils zu vernachlässigende Informationen vermittelt werden stören diese nich den Lesefluss sondern wirken auf mich, als Leser eher wie Informationen mit denen ich mein Wissen, sollte ich es bezüglich dieses Themas erweitern wollen, ausbauen kann. Die Quellenausarbeitung ist, meiner Ansicht nach gut gelungen und der Sprachduktus gut gewählt. Dieser spricht den Leser an und nutzt wissenschaftliche Fachbegriffe in einer vereinfachten und trotzdem korrekten, sowie ansprechenden Weise. Im Schlussteil wurde eure Meinung zwar sehr verständlich übermittelt, als Leser jedoch hat man das Gefühl, dass diese sehr überstürzt mitgeteilt wurde und die Ausbreitung auf vielleicht 1-2 Sätze mehr nicht geschadet hätte. Als absoluten Höhepunkt und Glanzleistung der Kreativität habe ich persönlich die Buchempfehlung am Ende des Artikels empfunden. Diese vermittelt dem Leser zum einen eine nutzbare und leicht zugängliche Informationnsquelle, sollte Interesse zur Vertiefung in diese Thematik entstehen und zeigt zum anderen die gute Einbindung der genutzten Materialien auf. Zudem ist die Buchempfehlung sehr gut platziert. Gerade nach dem Lesen des Blogartikels ist man als Leser dazu geneigt sich eine persönliche Meinung zu bilden. Dieses Phänomen träte wohl nicht auf wenn der Leser die Buchempfehlung im Hauptteil erhalten hätte. Sehe ich mir diese äußerst gelungenen Blogartikel nun also an, so möchte ich, mit verlaub behaupten, dass Sie beiden in Sachen Betitelung ihres Blogartikels ruhig größer denken können. Finden Sie also ein spannendere Überschrift für ihren ohnehin schon spannenden Blogartikel.

    Mit freundlichen Grüßen, Ayman.

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