Manipuliert das Genus unsere Wahrnehmung und Denkweise?
(von Lisa und Sofia, LK Wengler)
Ist dir bewusst, dass die deutsche
Sprache dich dazu zwingt, dir den Tod männlich vorzustellen? Einige Linguisten
stellen die Hypothese auf, dass durch die Genus geprägten Artikel der deutschen
Sprache unsere Assoziationen beeinflusst werden. Somit könnten Objekte eine von
der Sprache aus kontrollierte weibliche oder männliche Rolle einnehmen.
Um den
Kontext zu verstehen muss man sich die jeweiligen Seiten der Linguisten vor
Augen führen. Als erstes gibt es die Universalisten,
die behaupten, dass Denken und Sprache unabhängig voneinander sind. Die Menschen seien von Geburt an mit dem
gleichen Sprachvermögen ausgestattet. Es ist wie ein genetischer Code, der bei
uns Menschen fest verankert ist. Dementsprechend würden wir nicht in einer
„natürlichen“ Sprache, sondern in einer Metasprache denken. Die Problematik bei
den Universalisten taucht bei ihrer Universalgrammatik auf. Die Universalgrammatik besagt, dass
Kleinkinder bereits eine Fähigkeit haben, welche ihnen ermöglicht, Sätze nach
abstrakten grammatischen Regeln zu formen. Heutzutage wurde diese Theorie aber
widerlegt, da die Kinder sonst immer ähnliche Fehler machen müssten. Dies ist
aber nicht der Fall.
Auf
der anderen Seite gibt es die Relativisten,
deren Hypothese besagt, dass wir ohne die Sprache nicht die Voraussetzung
hätten, eigenständig denken zu können. Unsere Gedanken würden also von unserem
Sprachvermögen abhängen. Einer der bekanntesten
Relativisten war Benjamin Lee Whorf,
der mit unterschiedlichen Sprachgemeinschaften viele Forschungen unternahm.
Mittlerweile wird Whorfs Theorie und Untersuchungsweise kritisiert, da sie als
unsensibel und überholt gelten.
In der
Mitte dieser zwei Theorieansätze steht eine dritte Hypothese, die besagt, dass
Sprache und Denken voneinander abhängig sind. Diese Theorie findet heutzutage
viele Anhänger. Doch ihre Identitätstheorie, die besagt, dass denken nichts
Anderes wäre als innere Vokalisierung, hat keine Vertreter mehr.
Was hat nun das Ganze mit dem Genus zu
tun und was ist das Genus überhaupt? Mit
dem Genus wird das Geschlecht in den Sprachen mit Hilfe grammatischer Artikel
von Weiblichkeit und Männlichkeit betitelt. Durch verschiedene Experimente mit
unterschiedlichen Sprachen, wie Deutsch, Spanisch und Russisch, hat man
herausgefunden, dass anhand von Artikeln leblose Objekte personifiziert werden.
So sehen Deutsche Begriffe, die den Artikel „die“ haben, weicher, eleganter und zarter an. Begriffe dagegen,
die den Artikel „der“ haben, eher
als stärker, stabiler und robuster.
Dies kann man auch anhand von dem
Begriff „Tod“ zeigen. Im russischen und italienischen wird der Tod meist
weiblich und im deutschen männlich dargestellt, was man auf die zugehörigen Artikel
der jeweiligen Sprachen zurückführen kann.
Selbst bei einer Sprache wie englisch,
mit geschlechtsneutralen Artikeln, ist es möglich Assoziationen mit leblosen
Objekten zu verknüpfen. Trotzdem kann man nicht sagen, dass die
Lebenseinstellungen oder die Umweltwahrnehmung sich nach den Artikeln richtet.
Deswegen vertreten andere die These, dass es lediglich mit der Gefühlsebene
zusammenhängt, ob etwas als männlich oder weiblich wahrgenommen wird. Man kann
sagen, dass es in der Sprache häufig auf den Moment ankommt, wie man etwas
sieht oder versteht. Die Sprache bringt so viele verschiedene Blickwinkel mit
sich, dass es von einem selbst abhängt, wie man in einer bestimmten Situation
Dinge wahrnimmt beziehungsweise personifiziert. Auch der Linguist Guy Deutscher
behauptet, dass sich die Sprache im Kopf verfestigt und einen somit immer
ungewollt etwas mitdenken lässt. Somit würde der Gebrauch von Artikeln tiefer
reichen als eine rein grammatische Gewohnheit.
Unseres Erachtens kann man keine klare
Antwort auf die Frage, ob das Genus unsere Wahrnehmung manipuliert, ziehen. Wir
vermuten, dass falls eine Manipulation stattfinden sollte, dies in unserem
Unterbewusstsein passiert. Jedoch lässt sich herausfiltern, dass die Thesen
eine Neigung zum Relativismus haben. Dadurch, dass dieser sich nicht ganz
beweisen oder widerlegen lässt, kann man ihn noch heute als tragfähig
bezeichnen. Bis heute sorgt die Frage nach dem Zusammenhang von Sprache und
Denken für eine lebhafte Debatte zwischen verschiedenen Linguisten. Die
Diskussion über das Genus ist davon nur ein kleiner Teil.
Ich finde, dass euer Blogartikel euch gut gelungen ist. Die Frage direkt am Anfang des Textes leitet interessant in euer Thema ein. Die Einleitung macht deutlich um was es in dem Text geht. Die Ebenfalls ist die Erklärung der zwei linguistischen Positionen hilfreich für Leser, die sich mit der empirischen Sprachforschung nicht all zu sehr beschäftigt haben.
AntwortenLöschenDer Vergleich zu den anderen Sprachen hat mir geholfen den Einfluss, dass das grammatische Geschlecht auf unsere Denkweise hat, mehr nachvollziehen zu können. Euer Schluss (Fazit) finde ich trotz unklarer Antwort gut formuliert.
Duygu