Ist die Ausrichtung dieser Überschrift tatsächlich links oder doch dort, wo jeden Morgen die Sonne aufgeht?
(Carla und Duygu, LK Wengler)
Vermutlich können Sie sich nicht vorstellen, dass Menschen aus anderen Ethnien vollkommen andere Raumbeschreibungen aufgrund verschiedener Muttersprachen, die erlernt wurden, haben. Der Artikel den Sie gerade lesen, befindet sich möglicherweise in der Beschreibung von Menschen, die einer anderen Ethnie zugehörig sind, nicht „vor“ Ihnen, sondern „östlich“, „südlich“, „westlich“ oder „nördlich“ von Ihnen. Schon der linguistische Relativist Benjamin Lee Whorf führte eigene ethnolinguistische Forschungen in Bezug auf verschiedene indigene Sprachen durch. In jüngerer Zeit untersuchten ethnolinguistische Forscher Sprachen, in denen es etwa gegenüber den westeuropäischen Sprachen deutliche Unterschiede im räumlichen Vokabular und damit offenbar auch in der Raumorientierung gibt. So kommt es vor, dass in einigen Sprachen vollkommen andere Raumbeschreibungen oder andere Standortbezeichnungen von Gegenständen verwendet werden. Wir benutzen gewöhnlicherweise zur Beschreibung des Ortes oder der Ausrichtung eines Objekts die Wörter „links“, „rechts“, „hinten“ oder auch „vorne“. Der Stamm der Aborigines „Guugu Yimithirr“ hingegen verwendet zum Beispiel die Himmelsrichtungen, um zu beschreiben, wo sich etwas befindet. Dann heißt es: „Der Stift befindet sich östlich der Federtasche“ und nicht „Der Stift liegt links neben der Federtasche“. Daraus ergibt sich, dass ihre gesamte Orientierung geographisch ist. Um sich über Räumliches zu verständigen, müssen sie also so eine Art eingebauten inneren Kompass besitzen, um die Himmelsrichtungen immer vor Augen zu haben. Diesen inneren Kompass besitzen meist schon kleine Kinder. So kommt es dazu, dass Ihnen eine Fünfjährige, die in diesem Stamm aufgewachsen ist, jederzeit problemlos sagen kann, wo welche Himmelsrichtung ist. Sie haben damit also einen sicheren Orientierungssinn, egal wo sie sich befinden (sogar in geschlossenen Räumen), und verfügen so über ein gutes Gespür für die Himmelsrichtungen.
Schon
kleine Kinder wissen, dass sie die Sprache benutzen können, um zu sagen, wie
sie sich fühlen, was sie haben möchten, oder was sie im Alltag erlebt haben.
Die Sprache gibt uns die Macht auszusprechen, was wir denken. Inwiefern die
Sprache und das Denken aber tatsächlich zusammenhängen, wird bereits seit
Jahrhunderten von zwei linguistischen Positionen diskutiert. Wissenschaftler
aus aller Welt diskutieren mit und positionieren sich somit entweder auf der
Seite der Relativisten, oder der Universalisten. Die Sapir-Whorf-Hypothese
der Relativisten sagt aus, dass die Sprache der Prägestempel des Denkens
ist, das heißt, dass der Wortschatz und die Grammatik der Muttersprache unsere
Denkweise beeinflusst. Die Hypothese der Universalisten sagt hingegen
aus, dass das menschliche Denkvermögen, Sprachvermögen und die
Universalgrammatik angeboren sind. Außerdem sind die Universalisten davon
überzeugt, dass die Muttersprache nicht die erste Sprache ist, die wir
erlernen, da wir davor schon in einer anderen Sprache denken, der „Mentalese“,
wie sie etwa Steven Pinker nennt. Damit ist gemeint, dass die Muttersprache uns
keine neue Denkstruktur liefert. Vor dem Hintergrund der neuen empirischen
Sprachforschung stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang von Sprache und
Denken neu. Denken wir wirklich anders, wenn wir unterschiedliche Sprachen
sprechen?
Vermutlich können Sie sich nicht vorstellen, dass Menschen aus anderen Ethnien vollkommen andere Raumbeschreibungen aufgrund verschiedener Muttersprachen, die erlernt wurden, haben. Der Artikel den Sie gerade lesen, befindet sich möglicherweise in der Beschreibung von Menschen, die einer anderen Ethnie zugehörig sind, nicht „vor“ Ihnen, sondern „östlich“, „südlich“, „westlich“ oder „nördlich“ von Ihnen. Schon der linguistische Relativist Benjamin Lee Whorf führte eigene ethnolinguistische Forschungen in Bezug auf verschiedene indigene Sprachen durch. In jüngerer Zeit untersuchten ethnolinguistische Forscher Sprachen, in denen es etwa gegenüber den westeuropäischen Sprachen deutliche Unterschiede im räumlichen Vokabular und damit offenbar auch in der Raumorientierung gibt. So kommt es vor, dass in einigen Sprachen vollkommen andere Raumbeschreibungen oder andere Standortbezeichnungen von Gegenständen verwendet werden. Wir benutzen gewöhnlicherweise zur Beschreibung des Ortes oder der Ausrichtung eines Objekts die Wörter „links“, „rechts“, „hinten“ oder auch „vorne“. Der Stamm der Aborigines „Guugu Yimithirr“ hingegen verwendet zum Beispiel die Himmelsrichtungen, um zu beschreiben, wo sich etwas befindet. Dann heißt es: „Der Stift befindet sich östlich der Federtasche“ und nicht „Der Stift liegt links neben der Federtasche“. Daraus ergibt sich, dass ihre gesamte Orientierung geographisch ist. Um sich über Räumliches zu verständigen, müssen sie also so eine Art eingebauten inneren Kompass besitzen, um die Himmelsrichtungen immer vor Augen zu haben. Diesen inneren Kompass besitzen meist schon kleine Kinder. So kommt es dazu, dass Ihnen eine Fünfjährige, die in diesem Stamm aufgewachsen ist, jederzeit problemlos sagen kann, wo welche Himmelsrichtung ist. Sie haben damit also einen sicheren Orientierungssinn, egal wo sie sich befinden (sogar in geschlossenen Räumen), und verfügen so über ein gutes Gespür für die Himmelsrichtungen.
Der Stamm der Aborigines beweist somit die These
der Relativisten, die aussagt, dass die zuerst erlernte Sprache/ Muttersprache
unsere Denkweise beeinflusst. Denn man muss einen innerlichen Kompass besitzen,
um zu wissen, wo sich die verschiedenen Himmelsrichtungen befinden. Die
Sprache hat somit das Denken der Aborigines in einer Weise geprägt, die mit
unserer Prägung nicht vergleichbar ist, und ein instinktives Wissen geschaffen,
über den Sie als Leser dieses Textes nicht verfügen. Demzufolge zeigt die
Hypothese, die von dem Universalisten Noam Chomsky aufgestellt wurde, angesichts
dieser Erkenntnisse Schwachstelle. Denn wenn alle Menschen schon von Geburt an
dasselbe Denkmedium, dasselbe Denkvermögen, dasselbe Sprachvermögen und
dieselbe Universalgrammatik biologisch in den Genen veranlagt hätten, dann
wären auch wir jederzeit dazu in der Lage zu wissen, wo welche Himmelsrichtung
ist.
Lena Boroditsky teilte folgende
aufsehenerregende Geschichte in ihrem Artikel „Wie die Sprache das Denken
formt“: In einem Hörsaal der Stanford University in den USA bittet sie die Gelehrten darum, mit
geschlossenen Augen nach Norden zu zeigen. Die Anwesenden im Hörsaal zeigten
dann in alle möglichen Richtungen und einige weigerten sich sogar diese Aufgabe
zu erfüllen, da sie nicht vertraut waren mit der Lehre der Himmelsrichtungen.
Genauso ist es jedoch auch anders herum. Die Aborigines sind nicht vertraut mit
den Wörtern links, rechts, vorne und hinten. Das liegt daran, dass ihre Sprache
sich eben in der Struktur fundamental unterscheidet von der englischen,
chinesischen und auch von der deutschen Sprache. Die Sprache bestimmt demnach
unser Ausdrucksvermögen aber eben auch unsere Denkstruktur.
Unserer Meinung nach hat sich die
Sapir-Whorf-Hypothese allein an dem Beispiel des Stammes der Aborigines „Guugu
Yimithirr“ bewahrheitet. Außerdem konnte die Hypothese der Universalisten
ebenfalls anhand dieses Beispiels widerlegt werden. Wir sind fester
Überzeugung, dass jeder Mensch die Himmelsrichtungen gleich gut zeigen können
müsste, wenn wir alle, wie von den Universalisten behauptet, dasselbe, durch
die Muttersprache nicht gravierend beeinflusste Denkmedium hätten. Jedoch ist
unsere Denkweise, unser räumliches Vokabular und unser instinktives Wissen in
der Raumorientierung offenbar wie man feststellen kann, ziemlich verschieden
aufgrund unserer zuerst erlernten Sprache / Muttersprache. Festzuhalten
ist, dass unser Denken im Zusammenhang mit der Sprache steht und unsere Sprache
nicht nur unser konkretes Sprechen, sondern auch unsere Gedanken selbst
beeinflusst.
walllah wallah fand icke jut ihr habt linguistisches Blut. mega mega schreibrythmus da krieg ich auf lesen lust
AntwortenLöschenEs ist äußerst interessant, dass der Guugu Yimithirr Stamm die Himmelsrichtungen benutzt, um zu beschreiben, wo sich etwas befindet. Ich kann mir das selber gar nicht so richtig vorstellen, da wir Orte wo sich etwas befindet ja ganz anders beschreiben. Zum Beispiel wenn etwas in der nahen Umgebung gibt, dann verwenden wir vorne, da hinten, links oder rechts. Wenn etwas aber in entfernender Umgebung ist dann benutzten wir konkrete Namen wie zum Beispiel das Kino ist Richtung Rudow in der Gropius Stadt. Am Ende jedoch fühle ich mich den Universalisten mehr hingezogen, da ich ihre sicht mehr nachvollzuiehen kann. Gruß Jeen
AntwortenLöschenIch fand diesen Artikel Sprachlich gut und konnte dem Inhaltlichen auch sehr gut folgen. Ich finde es sehr interessant, dass der Guugu Yimithirr Stamm einen eigenen "inneren Kompass" benutzt, um sich, in sogar geschlossenen Räumen, orientieren zu können. Je mehr ich mich mit diesem Thema befasse, desto mehr werde ich zum Relativisten. Dass es für die Aboriginies möglich ist, sich so zu orientieren, ist für uns kaum Vorstellbar. Doch das zeigt, dass die Sprache, das Denken, sehr beeinflusst.
AntwortenLöschenLG Mohamed
Ich fand diesen Blogartikel ganz gut. Alles war sehr leicht und gut formuliert, sodass man nicht lange für das verstehen eines Satzes gebraucht hat. Man merkt, dass ihr euch mit dem Thema auskennt und wisst was ihr geschrieben habt. Außerdem war das Beispiel über den Stamm der Aborigines sehr interessant und hat das Thema noch verständlicher gemacht. Allerdings lässt mir der Schluss eine Frage offen. Habt ihr also nur an einem Beispiel (der Sprache der „Guugu Yimithirr“, die nur noch paar hunderte Menschen sprechen) eure Meinung gebildet?
AntwortenLöschenRoksana