Denken wir alle gleich?
(von Justin und Mohamed, LK Wengler)
Diese Frage stellen wir uns heutzutage immer wieder.
Viele von uns kennen sicherlich die Aussage: Er/Sie spricht genau meine
Sprache! Dabei ist mit Sprache eigentlich die Denkweise der Person gegenüber gemeint.
Aber warum reden wir dann nicht gleich über das Denken? Und was hat die Sprache
mit dem Denken zu tun? Gibt es da einen Zusammenhang? Um eine Antwort auf diese
Fragen zu finden, ist es wichtig für uns, zu wissen, welche theoretischen
Positionen in der Linguistik überhaupt vertreten werden, um verstehen zu
können, in welchem Verhältnis Sprache zum Denken steht.
Was auf jeden Fall feststeht ist, dass Sprache für
unser Denken eine große Hilfe stellt. Die Frage aller Fragen ist
aber, ob das eine vom anderen abhängig ist. Darüber gibt es einen seit
Jahrhunderten andauernden und bis heute nicht endenden Streit zwischen den
linguistischen Vertretern des Relativismus und denen des Universalismus.
Der Relativismus sieht das Denken in Abhängigkeit von der Sprache. Vertreter
des Universalismus hingegen sehen Sprache nur als eine Möglichkeit, Gedanken
auch ausdrücken zu können. Beide Seiten stützen ihre Positionen auf eigene
Thesen und dazugehörige Argumente. Aber inwieweit sind die Argumente der
Linguisten heute noch tragfähig? Durch neuere Erkenntnisse der empirischen
Sprachforschung bekommt die Debatte nämlich stetig neues Argumentationsmaterial,
um ältere Thesen der Sprachwissenschaftler zu widerlegen und so entstehen neue Angriffsflächen
bei den linguistischen Theorien.
Ein gutes Beispiel dafür ist eine These der
Universalisten, welche in ihrer Ideologie bislang einen wesentlichen
Bestandteil gestellt hat. Demnach soll jedes Kind von Geburt an mit einer biologisch
veranlagten Universalgrammatik auf die Welt kommen. Diese würde das Kind
dazu befähigen, ohne jegliches Nutzen von anderweitigen kognitiven Fähigkeiten,
Sätze nach bestimmten grammatischen Regeln zu formen. Sollte diese Aussage
stimmen, dann müsste jedes Kind, unabhängig von seiner Muttersprache in einer
bestimmten Entwicklungsphase bei allen Fragesätzen gleiche beziehungsweise
ähnliche Fehler machen. Neueste Erkenntnisse aus Untersuchungen bei Kindern
zeigen aber, dass dem nicht so ist. Kleinkinder machen nämlich oft Fehler bei
grammatischen Zusammensetzungen bestimmter Sätze. Gleichzeitig formulieren sie
aber sehr ähnliche Äußerungen völlig korrekt. Dem entgegengestellten Argument
der Universalisten, dass andere Faktoren wie unvollkommene Reife, soziale
Inkompetenz und Aufmerksamkeitsdefizite die Sprachperformance von uns negativ
beeinflussen, kann man auch zustimmen. Das setzt allerdings voraus, dass man
dabei geschickt außer Acht lassen kann, dass diese Aussage im Widerspruch zur
eigenen linguistischen Position der Universalisten steht. Denn sie selber sind
es, die behaupten, dass alle Menschen gleich sprechen lernen, weil sie gewissermaßen
gleich denken. Soziale Inkompetenz beispielsweise bezeichnet unter anderem die
Unfähigkeit, andere in ihrer Sprech- und Denkweise nachvollziehen zu können und
resultiert demnach aus einer kognitiven Differenziertheit, welche aber mit den
Vorstellungen des Universalismus nicht vereinbar ist.
Des Weiteren behaupten die Vertreter des Universalismus,
dass Sprache überhaupt keinen Einfluss auf das Denken hat. Wenn dem so wäre,
dann würden wir alle in unseren Vorstellungen zum Zusammenhang von Zeit und
Raum gleich sein. Neuere Studien aber belegen, dass die Schreibrichtung einer
Sprache das gedankliche Organisieren von Zeit beeinflusst. So ordnete
beispielsweise bei einem Test, in dem es um die Anordnung einer Bilderfolge vom
Verspeisen einer Banane ging, ein arabisch sprechender die Karten so, dass die
Zeit von rechts nach links fortschritt. Der Europäer dagegen von links nach
rechts. Und ein aus der Volksgruppe der Aborigines stammender von Osten nach Westen.
Dies macht deutlich, dass die gedankliche Vorstellung von Zeit je nach
Kultur und ihrer dazugehörigen Sprache ganz unterschiedlich ist.
Wir persönlich sind überzeugt, dass Sprache und Denken in
gewisser Weise voneinander abhängig sind und es zum jetzigen Zeitpunkt nicht
möglich ist, präzise zu wissen, ob die Abhängigkeit des Denkens von der Sprache
für uns Menschen von zentraler Bedeutung ist, oder die universalistische
Annahme einer davon unabhängigen gedanklichen Grundstruktur gewichtiger ist. Beide
Seiten haben unbestreitbare Argumente, die vermuten lassen, dass sich die
Wahrheit irgendwo dazwischen befindet. Allerdings kann man sagen, dass die
Position der Universalisten aufgrund neuester Erkenntnisse der empirischen
Sprachforschung teilweise nicht mehr tragbar zu sein scheint. Letztendlich
bleibt abzuwarten, inwieweit Sprachforscher in Zukunft in der Lage sein werden,
eine der beiden Positionen endgültig widerlegen zu können.
Ich finde euren Blogartikel sehr gelungen, ihr habt gute Fachsprache verwendet und euer Artikel ist sehr gut strukturiert und aufgebaut. Er bleibt spannend und interessant und lässt sich gut lesen. Eure Einleitung gefällt mir besonders, da ihr dem Leser fragen gestellt habt, die einen nachdenken lassen und einen auf den Text vorbereiten.
AntwortenLöschenEin Kritikpunkt der mir persönlich aufgefallen ist, auch da ich das selbe Thema hatte wie ihr, ist, dass ihr euch relativ wenig auf die Zeit, also auf den eigentlichen Fokus, bezogen habt. Es gab sehr viel Material zur Sprache der Hopi-Indianer, welches ihr überhaupt nicht einbezogen habt.
Trotzdem ein sehr gelungener Text!
Kommentar von Jolina
LöschenDer Blogartikel war sehr informativ und strukturiert. Die Fachsprache wurde gut gewählt weiter so!
AntwortenLöschenMeines Erachtens ich euer Artikel äußerst Interessant. Durch die Perfekte Wahl der Fachsprache wurde mein Interesse umso mehr geweckt. Desweiteren finde ich es sehr positiv wie die Struktur gewählt wurde, es ist alles übersichtilich und informativ.
AntwortenLöschenAhmed